Im Schlaf
Das Bild ist Teil einer Serie: „The World of Interiors“. Es sind Bilder von Innenwelten, manche bedrohlich, manche komisch, manche still, manche ernst, manche durchzittert von Heiterkeit, manche leicht, manche schwer. Bilder des Alltags, frei von der Herrschaft des kontrollierenden Verstands. Eingeschlafen. Die Hand noch auf dem Tisch. Der Kopf auf die Rücklehne des Stuhls gesunken. Bein und Arme ausgestreckt. Wie ein Schwimmer. Eingetaucht in eine andere Welt. Unter der Schlafenden und am linken Bildrand schmale Schatten. Die Ecke eines leeren Raums, eine hellblaue Wand, eine sandfarbene Wand, ein hellbrauner Boden. Helle über dem Kopf. Als fiele durch ein unsichtbares Fenster Licht in die Ecke dieses stillen Zimmers. Nichts stört den Schlaf. Alles ist hell. Alles ist leicht. Und eingesunken in dieses Leichte und Helle die schlafende Frau. Hingegeben an etwas, das sie trägt. Wie ein Schwimmer getragen wird von Wasser, geborgen in einem fremden Element. Das Bild ist klein, vom Format eines mittelgroßen Buchs. Ursula Hübner malt auf Holz. Zuerst den Raum, Wände und Boden. Sie zerschneidet Fotos, nimmt Gegenstände, Tisch und Stuhl, aus ihrem Zusammenhang, zerstückelt Personen. Aus Teilen formt sie neue Zusammenhänge, aus Stückwerk entstehen Gestalten. Das Zerschneiden der Fotos, oft mit ihrem eigenen Bild, ist für Ursula Hübner nicht leicht. Es kommt einer Vernichtung, einer Zerstörung gleich. Doch die einander fremd gewordenen Teile finden zusammen zu einem neuen Ganzen. Zerstörung ist Durchgang zu einer neuen und ungeahnten Wirklichkeit. Sie scheint alltäglich, vertraut. Wer ist nicht schon auf einem Stuhl in Schlaf versunken? Gezeigt wird aber nicht das Bild einer Schlafenden. Zu sehen ist ein Bild des Schlafs. Aufgelöst in der Hingabe an etwas Fremdes. Durch Räume der Stille, des Schweigens auf den Boden einer anderen Welt gesunken. Vom Körper nicht getrennt, doch ganz anders Körper als zu Zeiten bewußten Erlebens. Die Welt der Träume schwingt mit in diesem Bild. Wo die drei Flächen zusammenkommen, können Botschaften von weit her eintreffen. Hörbar denen, die im Schlaf sich öffnen für die Weiten einer anderen, den Wachen unbekannten Welt. So offen, so leicht, so gelöst. |
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