the colour of your energydrink

Ursula Hübner _______________________ >>>(English Version)

 

“Black was a sacred color for the Abstract Expressionists, it was their lapis lazuli; they made a mystique of it, partly perhaps because of its austerity, partly perhaps because there was something splendidly macho in being able to produce a good strong black.” David Sylvester

Schwarz ist die Farbe, die Marcin Maciejowski´s Palette leitet, Weiß der Gegenpol. Dunkles, glattes Schwarz, ein Fetischschwarz, oder ein teerfarbenes Braun, aufgerichtet durch fluoreszierendes Leuchten eines künstlich anmutenden Farbstoffes. Diese übergrellen Farben tauchen vorzugsweise bei süßsauren Drops, Kunststoffen und synthetischer Kleidung auf. In der Malerei eingesetzt, platzieren sie das Werk weit entfernt von Erhabenem. MM, in den 70iger Jahren im Paradox des kommunistisch- katholischen Polen groß geworden malte später, was er dort von Kindheit an wahrgenommen hatte und diese ersten Seh- Erfahrungen liefern auch die Matrix für das Werk. Ich fantasiere nach einem Besuch in Krakau: verrußte Fassaden, wo noch mit Kohle geheizt wird, Kirchenkerzen, deren Ruß die weißen Wände schwärzen. Alles, was dort an Farbe dazukommt, wirkt umso leuchtender und schriller: das purpurne Gewand des Priesters, das Rot der Buchstaben an Fassaden, das Gelb der Plastikenten am Spielplatz. An solchen Orten entstehen keine sentimentalen Valeurs, kein schimmerndes Inkarnat, sondern heftige hell-dunkel Kontraste. MM malt heute nach Fotovorlagen, Gala, Vogue, alles Populäre.

Malerei die nach Fotovorlagen erstellt wird, überschwemmt die Galerien und langweilt mich: die Hautfarbe wirkt oft fahl, der charakteristische Schatten, den der Fotoblitz erzeugt, schwerfällig, den Rest an uninspiriertem Farbauftrag kann man sich auch schenken.

Für MM ist die Fotovorlage keine Gefahr, denn er ist Maler im besten Sinn: MM „färbt“ instinktiv und inspiriert. Die Farbe wird zum Make-up der Leinwand, die sie berührt und nicht mehr verlässt. Farben tauchen wie eine zweite Singstimme auf, Nuancen die plötzlich das einfachste Lied in unerwartete Höhen führen: ein wenig hellblau, cölinblau, heliogrün, neapelgelb, purpur, rotbraun und viel tiefes Schwarz und viel leeres Weiß. Roland Barthes meint, Farbe ist wie ein sich schließendes Augenlid, eine leichte Ohnmacht. Farbe hat die Macht das Denken auszuhebeln, unser Bewusstsein zu trüben, ein leichter Rausch, irritierende erotische Verwirrung.

Wem begegnen wir in diesen Bildern? Wir treffen auf junge Frauen, blond, schwarzhaarig mit einer Flasche Bier in der Hand. Sie haben keinen Auftritt am roten Teppich, sie lehnen im Atelier, an einem Tisch, betreten den Raum. Mir erscheinen sie sehr vertraut, sie sind ihm vertraut, das überträgt sich. Eine Intimität wie bei Vermeer. Allerdings trinken sie nicht Milch mit Honig, sondern Bier und Energydrinks. Junge Frauen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen werden und nicht mehr wie einst die Protagonistinnen aus Flauberts Romanen auf das große Erlebnis warten. MM schaut sich diese Frauen gerne an, manchmal aus der Froschperspektive, dann sind sie auch noch übergroß. Er schafft sich jene makellosen Göttinnen, die ihre Form nie verlieren, die Erotik bewahren: der Traum des malenden, schauenden Mannes durch die Jahrhunderte der Malerei.

Ursula Hübner, Juli 2009